DER DRITTE ORT
Die neue Stadtbibliothek Freiburg
Lehrende
Prof. Christoph Kuhn
Dipl.-Ing. Thorsten Burgmer
Aufgabe
Die neue Stadtbibliothek FreiburgShopping im Internet, Video Streaming via You Tube, Netflix, Amazon Prime oder maxdome, Kommunikation und soziales netzwerken via WhatsApp, facebook, Twitter, Instagram – alle diese und viele mehr sind Aktivitäten, denen die meisten von uns oft und gerne zu Hause nachgehen. Und bei all diesen Aktivitäten wird unser Verhalten genau dokumentiert und gespeichert. Dabei fallen riesige Datenmengen an, die von den Unternehmen ausgewertet werden, um ihren Kunden u.a. möglichst zielgerichtete Werbung verkaufen zu können.In Zukunft wird sich aller Voraussicht nach die Protokollierung des Lebens jedes Einzelnen noch erheblich ausweiten. Schon jetzt beginnnt beispielsweise die Erfassung von Gesundheitsdaten per Smart Watch und erste Krankenkassen bieten rabattierte Konditionen für ein per Datenaufzeichnung und -übermittlung nachgewiesenes gesundes Leben an. Ein Smart Grid, ein intelligentes Energieversorgungsnetz der Zukunft, wird nur funktionieren, wenn Nutzerdatensätze auch und vor allem von Privathaushalten möglichst präzise und vollständig zur Verfügung stehen. Jeder Einzelne steht insofern in seinem privatesten Umfeld unter ständiger Beobachtung und genau dieses Umfeld wird damit in gewisser Weise und zumindest teilweise öffentlich. Sollten sich die Prognosen bezüglich „Big Data“ (siehe Artikel aus „DIE ZEIT“ im Anhang) bestätigen wird sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren noch deutlich verstärken.
Eine für alle zugängliche Stadtbibliothek, in der man „unbeobachtet“ in Büchern stöbern, Filme anschauen oder sich mit Freunden treffen kann, die also als ein „Dritter Ort“ funktionieren würde, könnte den Menschen mitten in der Stadt „in aller Öffentlichkeit“ ein Stück Privatsphäre zurückgeben. Hier könnte man sich tatsächlich unbeobachtet informieren oder unterhalten, kurz: Medien konsumieren, und sich darüber mit anderen austauschen. Welche Medien stehen dabei zur Verfügung und wie werden sie präsentiert und zugänglich gemacht?Ein solcher Ort dürfte allerdings nicht als reine Ansammlung von vollen Bücherregalen daherkommen. Er müsste nicht mehr nur Lager und Ausleihstation sondern auch und vielmehr ein einladender Aufenthaltsort sein. Es müsste ein Ort sein, der viele verschiedene Nutzungsszenarien abbildet, von stiller Lektüre über Zwiegespräche bis hin zu Gruppenveranstaltungen. Das bestehende Gebäude der Stadtbibliothek kann all dies nicht mehr leisten und ist in seiner Weiterentwicklung eingeschränkt.Ein solcher Ort dürfte ebenfalls nicht irgendwo in der Peripherie einer Stadt verschwinden. Er müsste mitten in der Stadt liegen, um bestmöglich sicht- und erreichbar zu sein. In diesem Zusammenhang stellen sich aber verschiedene Fragen: Wie ist die Erschließung eines solchen Gebäudes in einem dichten innerstädtischen Kontext für die großen zu erwartenden Besucherzahlen zu organisieren? Welcher architektonische Ausdruck ist im Spannungsfeld zwischen städtebaulicher Integration und eigenständigem Auftritt angemessen? Besonders am Münsterplatz in Freiburg mit seiner hohen Dichte, seiner historischen Entwicklung und seiner fluktuierenden Nutzung erfordert die Beantwortung dieser Fragen ein hohes Maß an architektonischer Haltung und planerischem Geschick.Die Aufgabe, die es also im Rahmen der Masterthesis/Diplomarbeit in diesem Semester zu bearbeiten gilt, ist der Entwurf eines solchen Ortes im Zentrum Freiburgs –der Entwurf eines neuen Gebäudes für die Stadtbibliothek Freiburg.