SUMMERSCHOOL „HAY THERE!“
Der als Sommerschool-Workshop organisierte Semesterentwurf (SoSe 2025) widmete sich der Entwicklung denkmalgerechter Nutzungskonzepte für historische Heuställe im Safiental (CH). Ziel war es, diese vom Strukturwandel bedrohten Bauten zukunftsfähig zu reaktivieren – nicht als externe Experten, sondern im Austausch auf Augenhöhe mit den lokalen Akteuren, entwickelt und erlebt vor Ort. Statt – wie im Fach Architektur üblich – nach einer kurzen Exkursion über Monate hinweg auf Distanz zu arbeiten, fand das Projekt nahezu vollständig im Tal statt, im kontinuierlichen Dialog mit Menschen, Baukultur und Landschaft.
Die Bearbeitung folgte dabei mehreren aufeinander abgestimmten Schritten: Analyse-phase (Dokumentation von Bauweisen, Materialien und Kultur durch Zeichnungen, Fotografien und Interviews), Auswertung (Aufbereitung der Ergebnisse, Präsentation und Entwicklung eines Rahmenplans) sowie Gruppendynamik (kontinuierlicher Wechsel nach einer eigens entwickelten Matrix, um ein gemeinsames Wissensfundament sicherzustellen).
Das Projekt verbindet auf beispielhafte Weise Lehre, forschendes Entwerfen und Transfer in die Praxis und steht für eine innovative Lehrform, die die klassische Entwurfsdidaktik um eine intensive Vor-Ort-Erfahrung erweitert.


EINDRÜCKE & WORKSHOPS
UMWEG NATUR- EXTRA MUROS
Die Vergänglichkeit der Natur steht im Mittelpunkt der seit März neu kuratierten Ausstellung im Münchner Lenbachhaus: „Was zu verschwinden droht, wird Bild. Mensch-Natur-Kunst“. Die Vergänglichkeit hatten die Künstler im 19. Jahrhundert aber vordergründig gar nicht im Blick. Gefeiert haben sie in ihren Bildern die Entdeckung der Natur als alternativen Lebensraum, als Gegenwelt zur industrialisierten Stadt. Zu spüren ist die Neugier und die Lust an der Erkundung einer gleichzeitig unbekannten aber natürlichen Harmonie. Doch die ins Bild gerückte unschuldige Schönheit löst eine stürmische Bewegung aus, die dramatische Folgen nach sich zieht. Was als Zeitvertreib einer gelangweilten Elite zaghaft beginnt, wächst zum unkontrollierten Massentourismus, zum erfolgreichen Wirtschaftsmodell, gleichermaßen Fluch und Segen für Natur und Mensch. Geographisch so nah und als Umwelt doch so extrem verschieden werden die Alpen sehr schnell zu einem zentralen Spielfeld dieser ambivalenten Entwicklung. Vor aller Augen mutieren sie bis heute zum weitgehend ungeschützten Reallabor der unkontrollierten Wechselwirkungen gesellschaftlicher und klimatischer Veränderungen. Das Gebirge reduziert sich zum (Ab)Bild seiner selbst. Auch wir sind neugierig und verlassen diesen Sommer die künstlichen Begrenzungen der Urbanität. Das Graubündener Safiental liegt mitten in Europa und gleichzeitig am offenen Ende der Welt. Im scheinbar noch intakten alpinen Naturraum werden wir einen Lehrraum „extra muros“ entdecken. Im Abstand zum Gewohnten sehen wir eine große Chance, in der Konzentration auf das Ursprüngliche und Elementare das große Potential. Die klimatischen und geomorphologischen Bedingungen prägen bis heute die alpine Ökonomie und Gesellschaft, Ökologie und Architektur. In den unzähligen, über alle Höhen verteilten Heu-Ställen zeigt sich besonders anschaulich die Essenz lokal verwurzelter Materialität, Konstruktion und Gestalt. Mit dem Wandel der traditionellen Landwirtschaft in ihrer Nutzung obsolet geworden, charakterisieren sie bis heute das Landschaftsbild. Sie sind Teil der kulturellen Ressourcen und warten auf eine erhaltende Erfindung und Transformation. Die Umwelt, besser gesagt unsere Mitwelt, verändert sich rasant schnell. Möglicherweise verschwindet sie tatsächlich, zumindest so, wie wir sie kennen. Und es bleibt nur das Bild. Die Perspektive des Künstlers als historische Momentaufnahme. Gegen das Verschwinden wollen wir hier entwerfen. Den Dreiklang Mensch-Natur-Kunst erweitern wir um die Architektur. Welchen Beitrag kann Architektur leisten, dass Natur und Landschaft auch in Zukunft als schöner Lebensraum wahrgenommen werden und nicht als bedrohtes Ökosystem? Der Umweg über die Schönheit der ursprünglichen, wie der gestalteten Natur der Alpentäler, über die robuste Einfachheit ihrer autochthonen Bautraditionen soll uns über diesen Ort hinaus zu einer selbstbewussten Baukultur führen.
PROJEKTE DER STUDIERENDEN
Hannes Strohmenger
Jule Seegräber & Marie Sauerwald
Finja Henn & Kaya Lippka
Catrin Weil
Julian Böhler & Sina Goldschmidt
Larissa Dudkowski & Cosima Pütz